Offener Brief: Höfe retten, heimische Bio-Versorgung sichern, Umwelt & Klima schützen mit der GAP!

An Frau Bundeskanzlerin        
Dr. Angela Merkel
Willy-Brandt-Straße 1
10557 Berlin

Offener Brief:                                                                      Berlin, 24.03.2021

Höfe retten, heimische Bio-Versorgung sichern, Umwelt & Klima schützen mit der GAP!
Initiatorinnen und Initiatoren: die deutschen Bio-Bauern,-Lebensmittelhersteller und Händler

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
während  einige  Praktiken  der  intensiven  Landwirtschaft,  die  laut  Gesetz  erlaubt  sind, Klimakrise,  Artensterben,  Bodendegradation  und  Wasserverschmutzung  verstärken, schließen ständig mehr Bauernhöfe ihre Tore für immer. Denn trotz aller Intensivierung können sie  nicht  mithalten.  Aus  diesem  Teufelskreis  müssen  wir  ausbrechen.  Versäumt  es  die Bundesregierung, dafür die Weichen zu stellen, verlieren wir mehr Höfe, mehr Ressourcen und  das  Vertrauen  von  immer  mehr  Bürgerinnen  und  Bürger,  denen  Umwelt-,  Klima-  und Tierschutz  ein Anliegen sind. Die Bundesregierung nähme es auch in Kauf, dass die große Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln nicht aus heimischer Produktion gesichert werden kann –das  Potential  für  Wertschöpfung  im  ländlichen  Raum,  und  das  vieler  Arbeitskräfte,  bliebe unausgeschöpft.

Welche Landwirtschaft sich lohnt, das bestimmt die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP). Aktuell lohnt es sich durch die veralteten Regeln der GAP, Land zu besitzen. Denn fast egal, wie man darauf wirtschaftet, bekommt man Geld pro Hektar ausgezahlt. Den Bäuerinnen und Bauern nutzt das wenig. Denn diejenigen, die verpachten – und die abnehmende Hand – wissen, wie hoch die Hektarprämie ist und kalkulieren das in ihre Preise ein.

In der GAP und ihrer Umsetzung hier in Deutschland liegt der Schlüssel zur Ernährungswende. Wie die Milliarden Euro investiert werden, bestimmt, ob Bauernhöfe, Bienen und Boden künftig existieren können  –  oder, ob Sektor und Ressourcen weiter untergehen. Zehntausende BioBetriebe haben seit Jahrzehnten die Möglichkeit bekommen,  zu zeigen, wie es nachhaltiger geht. Die Wissenschaft bezeugt, wie wirksam Bio für die Umwelt ist. Und Ihre Regierung hat sich deshalb das Ziel gesetzt, 20 % Bio bis 2030 zu erreichen.

Zwar  nennt  Bundeslandwirtschaftsministerin  Julia  Klöckner  das,  was  bei  der  GAP  erreicht wurde „Systemwechsel“. Viele Stimmen aus der Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft –und  auch  aus  der  Zukunftskommission  Landwirtschaft  –  widersprechen  dem  scharf.  Denn weder  das,  was  unter  Deutscher  Ratspräsidentschaft  beschlossen  wurde,  noch  die  jetzt geplante  nationale  Umsetzung  erfüllen  diesen  Anspruch.  Vielmehr  wird  im  Großen  und Ganzen der Status quo des aktuellen Systems zementiert. Eine Analogie  zur  Energiepolitik:  Ein  Systemwechsel  wäre  dort  der  Übergang  von der Braunkohle zu Erneuerbaren Energien. Mit Blick auf die geplante GAP-Reform bedeutet dies: Der  aktuelle  Entwurf  für  den  nationalen  Strategieplan  führt  leider  nur  dazu,  dass die Braunkohle  einen  grünen  Anstrich  erhält,  mehr  nicht.  Von  einem  „Wechsel“  kann  erst gesprochen werden, wenn die GAP festschreibt wie vom „System Geld für Flächenbesitz“ hin zum  „System  Honorierung  von  Umweltleistungen“  (public  money  for  public  goods) umgesteuert wird – und sich bei den Investitionen dafür konkret am Bedarf orientiert.

Beispiel Ökolandbau: Damit mehr Bäuerinnen und Bauern umstellen können, muss die GAP ihre Bio-Zusatzleistungen honorieren, die der Markt nicht vollständig entlohnt. Angelegt ist das jetzt nicht. Es ist ganz einfach nachzurechnen, dass die Kassen für konventionelle Betriebe, die auf Öko umstellen wollen  –  und so eine neue Perspektive bekommen  –  bald leer sein werden. Das 20 % Öko-Ziel der Bundesregierung und das 25 % Öko-Ziel Europas aus dem EU Green Deal, werden sehenden Auges torpediert.

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, Sie haben versprochen, die Agrarpolitik werde jetzt eine „Rampe aufbauen“, die hin zu einer zukunftsfähigen Landwirtschaft  führt. Bitte sorgen Sie in dieser wichtigen Phase, in der Bund und Länder die entsprechenden Weichen  für die GAP stellen  wollen,  dafür,  dass  das  Bild  Realität  wird.  Bäuerinnen  und  Bauern  in  Deutschland brauchen jetzt Klarheit, dass sie für notwendige Umweltleistungen honoriert werden. Nur dann können Sie investieren. Nur dann wagen sie die Lebensentscheidung Ökolandbau, können Ressourcen schützen und heimische Öko-Rohstoffe für die jedes Jahr stärker nachgefragten
Bio-Produkte liefern.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Alexander Beck
Vorstand Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller e.V.

Gottfried Erves
Vorstandsvorsitzender Biokreis e.V. – Verband für ökologischen Landbau und gesunde Ernährung

Jan Plagge
Präsident Bioland e.V.

Jens Rasim
Vorstandsvorsitzender Biopark e.V.

Tina Andres      
Vorstand Bundesverband Naturkost und Naturwaren e.V.

Kathrin Jäckel
Geschäftsführung Bundesverband Naturkost und Naturwaren e.V.

Dr. Alexander Gerber
Geschäftsführender Vorstand Demeter e.V.

Rudolf Bühler
Präsident Ecoland e.V.

Andreas Hattemer
Bundesvorsitzender ECOVIN Bundesverband Ökologischer Weinbau e.V.

Kornelie Blumenschein
Geschäftsführende Vorsitzende Gäa e.V. – Vereinigung ökologischer Landbau

Lukas Nossol
Interessensgemeinschaft der Biomärkte (IGBM)

Hans Bartelme
Vizepräsident Naturland – Verband für ökologischen Landbau e.V.

Thomas Gutberlet
Arbeitsgemeinschaft Ökologisch engagierter Lebensmittelhändler und Drogisten (ÖLD)

Carsten Greve
Vorstand Reformhaus eG

Thomas Handrick
Vorstand Verbund Ökohöfe e.V.

Quelle PM: Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft, Marienstr. 19-20, 10117 Berlin, Tel. 030.28482300 Fax 030.28482309  info@boelw.de  www.boelw.de